Über den BergTod
„Der Bergtod findet nicht nur an Orten statt, die für das Sterben vorgesehen sind, daher schafft der Tod am Berg eine Reihe von Problemen. Der Ort hat sich durch das Todesgeschehen in einen anderen verwandelt. Auf ihn legt sich zunächst das Schweigen, um nachträglich nur mehr besprochen zu werden. Dieser Ort wird zu einem besonderen, ausgegrenzt vom restlichen Raum. Das Besondere liegt im stummen Verbot, diesen Ort jemals wieder unbelastet zu betreten. In ihn hat sich eine eigene Ordnung eingepflanzt. Sie erweist sich als ein Vorgehen gegen das Chaos, welches durch den Eintritt des Todes urplötzlich die alte Ordnung gebrochen hat. Der Bergfriede ist dahin. Man bringt eine Gedenktafel an, um den todesverseuchten Ort zu markieren, an dem das Unfaßbare geschah, damit der Rest des Raumes vom Unheimlichen verschont bleibe. (…)
In der Natur, respektive am Berg, ist die Trennung von Leben und Tod nicht zu gewährleisten. Vielmehr gibt es immer wieder eine Koexistenz zwischen Lebenden und Toten, Verunfallte können nicht immer geborgen und/oder ordnungsgemäß bestattet werden. Abgesehen von den Vermißten, die dem Durchschreiten der Berge etwas Bedrückendes verleihen, gelten die Gletscherspalten selbst als unruhige Grabstätten. Um so entschlossener nimmt man, wenn dazu Möglichkeiten bestehen, Grenzziehungen vor. In der Gedenktafel wird der Tod auf wenige Quadratzentimeter konzentriert und an Stellen angebracht, die begehbar sind. Denn die Grenze zwischen Leben und Tod muß sichtbar und durchlässig bleiben. Wenn sie nicht verortet und überschreitbar gehalten wird, überzieht die Angst vor dem Tod die ganze Wand. Damit geht alpiner Spiel-Raum verloren, was bei der Begrenztheit des Bergraumes tunlichst vermieden wird. Man montiert Zeichen an den Wänden, gedenkt der Toten im Vorbeigehen. Das Vorbeigehen schreckt ab und befreit zugleich, nun hat man den Todesbezirk hinter sich. Das, was kommt, ist vom Tode unbefleckt. In der reinen bzw. bereinigten Wand kann sich das unbändige Leben wieder zur Entfaltung bringen.“
Helga Peskoller, BergDenken
In der Natur, respektive am Berg, ist die Trennung von Leben und Tod nicht zu gewährleisten. Vielmehr gibt es immer wieder eine Koexistenz zwischen Lebenden und Toten, Verunfallte können nicht immer geborgen und/oder ordnungsgemäß bestattet werden. Abgesehen von den Vermißten, die dem Durchschreiten der Berge etwas Bedrückendes verleihen, gelten die Gletscherspalten selbst als unruhige Grabstätten. Um so entschlossener nimmt man, wenn dazu Möglichkeiten bestehen, Grenzziehungen vor. In der Gedenktafel wird der Tod auf wenige Quadratzentimeter konzentriert und an Stellen angebracht, die begehbar sind. Denn die Grenze zwischen Leben und Tod muß sichtbar und durchlässig bleiben. Wenn sie nicht verortet und überschreitbar gehalten wird, überzieht die Angst vor dem Tod die ganze Wand. Damit geht alpiner Spiel-Raum verloren, was bei der Begrenztheit des Bergraumes tunlichst vermieden wird. Man montiert Zeichen an den Wänden, gedenkt der Toten im Vorbeigehen. Das Vorbeigehen schreckt ab und befreit zugleich, nun hat man den Todesbezirk hinter sich. Das, was kommt, ist vom Tode unbefleckt. In der reinen bzw. bereinigten Wand kann sich das unbändige Leben wieder zur Entfaltung bringen.“
Helga Peskoller, BergDenken
Sedmak - 22. Okt, 12:45